Mein Bezug zum Dichter Jannis Ritsos

     
Vor ungefähr 40 Jahren habe ich von dem griechischen Schriftsteller eher indirekt erfahren. In den 70er Jahren war sein Name und seine Geschichte ein Symbol des Widerstandes gegen Diktatur, Faschismus und Krieg. Seine Werke trugen sicher dazu bei, daß sich eine ganze europäische Generation über Sprach- und Landesgrenzen hinweg mit dem Leiden der politisch Verfolgten solidarisierte.
Meine Wiederentdeckung des Dichters begann 1997 auf einer Reise durch die Peloponnes. Auf dem kleinen Friedhof der Felseninsel Monemvassia konnte ich beobachten wie zwei junge Menschen Frühlingsblumen auf dem Grab des 1990 verstorbenen Dichters ablegten. Wieder aufmerksam geworden auf den schon halb Vergessenen und seine Weggefährten, begann ich seine Gedichte intensiv zu lesen und in Ton zu schreiben. Wichtig war mir dabei die Zeit, die er 1967-72 auf den Gefängnisinseln Jaros und Leros verbrachte. Erfahrung, Reife und eine tiefe durch Leid gewonnene Weisheit charakterisieren die schlichten Verse dieser Schaffensperiode. Ritsos Verse sind für mich Gesang, tief verwurzelt im griechischen Volk, in der Natur der Inseln, in Meer, Steinen und sonnendurchglühten Hängen. Sein Widerstand gegen die Macht der Herrschenden, tiefe Liebe zum Menschen und seinem Schicksal, verbunden mit dem Glauben an das Leben, das voller Freude und Licht ist, beeindruckten mich zutiefst. Er schrieb die Gedichte unter unsäglichen Bedingungen, z.T. mit Holzkohle, auf Zigarettenpapier, in Steine geritzt, vergraben.........
Der seelenverwandte türkische Schriftsteller Nazim Hikmet drückte 1957 diesen unüberwindlichen Optimismus so aus:

Ich schreibe Gedichte
Sie werden nicht gedruckt
Aber man wird sie drucken.

Ich warte auf den Brief mit der frohen Botschaft
Er kommt vielleicht an dem Tag an dem ich sterbe
Aber er wird sicher kommen.

Nicht der Staat, nicht das Geld
Haben die Welt im Griff, sondern der Mensch
Hundert Jahre später vielleicht, mag sein
Aber es wird sicher so kommen.

 
     
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