Samen sammeln - Gedanken zu meiner Installation „Wisteria sinensis“

     

Kunstverein Salzgitter-Ringelheim 2015
Pendelnd aufgehängte Schotenformen, Leuchtfarben

Bei Spaziergängen finde ich oftmals Samenkapseln, Schoten oder Früchte die mich mit ihren Formen begeistern. Es reizt mich die Kerne auszusäen und zu sehen wie sich eine neue Pflanze entwickelt. Die selten reifenden Schoten des Blauregens haben mich zu dieser Installation angeregt.

Die globalen Saatguthersteller streben nach einer Monopolstellung, die sie vor allem durch restriktive EU-Richtlinien, aber auch weltweit durchsetzen werden. Der Vorwand schädlingsresistente Sorten zu entwickeln dient einer sich immer mehr ausbreitenden Agrarindustrie.
Die natürliche Vielfalt unserer Nutzpflanzen, die Biodiversität wird zu Gunsten gentechnisch veränderter Monokulturen eingeschränkt. Indem Patente auf Pflanzen und auch Tiere angemeldet und als Eigentum einiger weniger Lebensmittel-Konzerne behandelt werden, wird  die bisherige traditionelle Herstellung von Saatgut langfristig verhindert,  ebenso wie der private Verkauf. Dadurch geht die Anpassung an die unterschiedlichen, Klimabereiche und Standorte mit ihren unterschiedlichen Ökosystemen ebenso verloren wie ein uraltes bäuerliches Menschenrecht, nämlich des freien Zugangs zum selbstproduzierten Saatgut. Millionen von Kleinbauern werden so abhängig von den globalen Saatgutherstellern wie Monsanto, Dupont, Syngenta und Bayer.

In Industriestaaten ist Nachbau heute keineswegs mehr durchgehend üblich. Zum einen, weil viele Feldfrüchte wie Mais, Raps und Weizen unter das Sortenschutzgesetz fallen und nur gegen Lizenzgebühren nachgebaut werden dürfen; zum anderen, weil ein großer Teil der heute in Deutschland gewerblich genutzten 2.600 Pflanzensorten sogenannte Hybridzüchtungen sind, die sich nicht oder nur unter gravierenden Ertragseinbußen nachbauen lassen.

Dadurch, dass die Landwirte ihr uraltes Recht verlieren, das Saatgut selbst zu vermehren, geraten sie in Abhängigkeit von Saatgutkonzernen, die immer mächtiger werden. Die Patente sind aber nicht auf Saatgut und Pflanzen beschränkt, sondern erstrecken sich in vielen Fällen über die Ernte bis hin zum Lebensmittel. Egal, ob es sich um Schweine, Brokkoli oder eine bestimmte Tomatenart handelt, die Züchter wollen sich am liebsten alles patentieren lassen, um so ihre Marktmacht zu steigern.

Man kann davon ausgehen, dass durch die Patentierung die Preise für Lebensmittel und Saatgut steigen werden, was Nahrungsmittelkrisen besonders in Entwicklungsländern verschärfen kann. Außerdem wird ein freier Austausch von Saatgut zwischen Landwirten in armen Ländern durch die Patente behindert. Der beim Sortenschutz geltende Züchtervorbehalt gilt bei Patenten nicht: Züchter haben also ohne die Erlaubnis des Patentinhabers kein Recht, das Saatgut für ihre weitere Züchtung zu benutzen.

Mit meiner Aktion “Sameln Sammeln“ und Pflanzen aus Samen selber ziehen unterstütze ich die Menschenrecht für freies Saatgut.

 
     
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